Die Seele baumeln lassen auf Amorgos

Die "Blue Star 2" lief pünktlich um 13:00 Uhr von Kos in Richtung Amorgos aus. Aber schon auf Höhe von Kalymnos wurde den Passagieren mitgeteilt, das wegen starker Winde auf den Kykladen die Insel Leros ansteuert und dann weiter nach Piräus gefahren wird. Wir hatten uns schon mit einem Umweg über Athen (Piräus) abgefunden, als nach einem vierstündigen Stopp auf Leros die Fahrt nach Katapola doch weiterging. Um 23:30 Uhr endete die stürmische Überfahrt.
Für die Strapazen wurden wir aber am nächsten Morgen mit einem wunderschönen Anblick auf die Bucht von Katapola belohnt. Noch wirkte Katapola, der aus den drei Ortsteilen Katapola, Rachidi und Xilokeratidi besteht, sehr verschlafen. Bei "Thomas" mieteten wir uns dann einen Wagen für die nächsten Tage.
Erstes Ziel war Hora, ein typisches Kykladendörfchen mit blendend weißen Häusern, Kapellen und penibel sauberen Gassen und Treppen. Der Ort endet vor einem Hügel mit mehreren Windmühlen und am Fernmeldeturm vorbei jäh am steilen Abhang zur Südküste. Einziger Schandfleck war der Abstellplatz für ausrangierte Mietwagen an der "Umgehungsstrasse", wo sich zu den Schrottautos wohl noch weitere rostende Fahrzeuge hinzu gesellen werden. Die Erkundungstour führte uns nach Nord-Osten in die Bucht von Egiali, dem zweiten Hafen von Amorgos. Noch vor wenigen Jahren gab es zwischen Katapola und Egiali nur ein Eselspfad und die Verbindung über den Seeweg. Heute existiert eine gut ausgebaute Strasse vom nord-östlichen zum süd-westlichen Ende der Insel.
Links über der Bucht hat sich der Ort Tholaria, ein sehr hübsches Bergdörfchen angesiedelt. Der Durst führte uns zu einer kleinen Terrasse mit ein paar, etwas in die Jahre gekommenen Tischen und Stühlen. Ist das eine Taverne, oder nur ein Kafeneion, oder sogar nur ein Tante Emma Laden? Ein Blick hinein bestätigte meine Vermutung: es war eine urige Kombination von allem. In der Kochecke garten Kartoffeln, gefüllte Tomaten und anderes Gemüse öltriefend vor sich hin. Was zuerst nicht sonderlich appetitlich ausschaute, entpuppte sich beim Verzehr aber als wohlschmeckende Kost, die äußerst preiswert war. Ebenso sehenswert der Ort Lagada auf der anderen Seite des Tales. Der süd-westliche Teil der Insel hat mehr ländlichen Charakter. Die wenigen kleinen Dörfer bestehen mehr aus Einzelhöfen und Bauernhäusern. Als Dorf erkennt man die Ansiedelungen nur an ihren Kirchen oder größeren Kapellen.
Auch wenn die Insel zuerst wie ein kahler Felsen wirkt, übt der Kontrast zwischen den braunen Bergen, den blendend weißen Dörfern und das dunkelblau bis türkisfarbene Meer eine Faszination auf den Besucher aus. Auch haben die Freundlichkeit und Gelassenheit der Inselbewohner uns beeindruckt. Es ist ein schönes Fleckchen Erde, wo man endlich die Seele baumeln lassen kann. Dies war im September der erste Besuch auf Amorgos, aber es wird mit Sicherheit nicht der letzte sein.

Amorgos 2004